Kanada mit dem Motorrad

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Kanada ist für mich ein Land der Superlativen: die längste Küstenlinie der Welt (vom Pazifik über die Arktis bis in den Atlantik), eine unglaubliche Gastfreundschaft und atemberaubende Wildnis. Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich mich mit dem „Kanada-Virus“ infiziert habe. Seitdem bin ich regelmäßig dort. Denke ich an Kanada, so steigt augenblicklich der Duft der Zedern in meine Nase. Wie alles begann? Mit einer Durchquerung Kanadas von Küste zu Küste mit Motorrad und Zelt.

Wer vorab einen Eindruck von der Schönheit Kanadas bekommen möchte, findet in der Galerie Nahrung für Augen und Seele.

9000 km Kanada – mit dem Motorad von Küste zu Küste

Motorräder (500er Suzuki und 650er KLR) kaufen, Wohnung auflösen und mit Sack und Pack auf den Maschinen immer dem Trans Canada Highway und dem Yellowhead folgend bis nach Prince Rupert nahe der Südspitze Alaskas. Von dort mit der Fähre die Inside Passage hinunter bis nach Vancouver Island bevor es vom Vancouver International Airport aus zurück auf den europäischen Kontinent gehen sollte.

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Blick in den Rückspiegel – schneebedeckte Rocky Mountains.

Am Abreisetag regnet es. Noch etwas wackelig wegen der ungewohnten Gepäcklast lenken wir unsere Motorräder auf die Straße. Die erste Etappe wählen wir zum Eingewöhnen kurz. Knapp zwei Stunden bis zum ersten Campingplatz. Durch den Regen ist der ohnehin glatte Straßenbelag an vielen Stellen rutschig wie Schmierseife. Doch was wir zunächst für einen etwas stärkeren Herbstregen halten, stellt sich bereits am Abend als Ausläufer eines ausgewachsenen Tornados heraus, der nur knapp 100 km von uns entfernt schwere Verwüstungen anrichtete und Straßen unpassierbar machte. Bei dem Wetter verbringen wir zwei Nächte auf unserem Zeltplatz, da ein Weiterfahren unmöglich ist. Danach ist das Zelt etwas windschief und es  bleibt nicht die einzige Begegnung mit Naturgewalten.

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Mystische Lanschaft. Ohne Regen kein Regenwald.

Nachdem wir den Tornado abgewettert haben, fühlen wir uns auf unseren Maschinen schnell wohl und genießen das beschauliche Dahingleiten mit 80 km/h auf dem Highway. Wir planen unsere Tagesetappen so, dass wir vor Einbruch der Dunkelheit unser Zelt aufbauen, die Gegend inspizieren und alles Essbare bärensicher verstauen können. Ja, Bären gibt es in Kanada – in braun, schwarz und weiß. Anders als Plüschbären können diese Vertreter verflixt hartnäckig sein, wenn sie etwas wollen, und sich  bei Bedarf auch mal mit der Geschwindigkeit eines gallopierenden Pferdes fortbewegen. Weglaufen zwecklos. Im Vorfeld informieren wir uns daher, was zu tun ist, wenn man unerwartet einem Bären begegnet. Die beste Maßnahme: Es erst gar nicht dazu kommen lassen.

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Frischer Bärenkot.
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Bärenspuren entlang eines Flusslaufs.
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Im Land der Bären.

An den Vorsatz, nicht bei Dämmerung oder Dunkelheit zu fahren, halten wir uns. Zu groß ist die Gefahr, mit über die Straße wechselndem Wild zu kollidieren.  Anders als Trucker in ihren stabilen Stahlkarossen sind wir auf unseren Motorrädern ziemlich fragil. Häufig sind wir nicht alleine auf unserem Zeltplatz. Mal grast auf unserem Platz ein Weißwedelhirsch, der sich langsam trollt, als wir mit unseren Maschinen anrollen. Ein anderes Mal leistet uns ein Streifenhörnchen beim Frühstück Gesellschaft. Nachts tobt eine Bande Waschbären um unser Zelt und macht dabei mächtig Lärm. Ein anderes Mal finden wir uns in unmittelbarer Nähe zu einem Stinktier wieder. Spontan kommt mir ein kanadischer Werbespot in den Sinn, in dem erklärt wird, was im Falle einer Begegnung zwischen Hund und Stinktier geruchstechnisch zu tun ist. Was für des Menschen besten Freund gut ist, funktioniert hoffentlich auch beim Menschen, denke ich mir. Zum Glück brauche ich das diesmal nicht auszuprobieren.

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Unerwarteter Besuch zum Frühstück.

Zunächst geht es Richtung Nordwest – auf dem Highway 6 am östlichen Rand der großen Seen entlang bis nach Tobermory. Von dort bringt uns die Chi-Cheemaun (“Das Große Kanu”), wie die Fähre in der Sprache der Ureinwohner heißt, über den Lake Huron bis nach Manitoulin Island. Im Anschluss  geht es auf dem Trans Canada Highway immer gen Westen.

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Wasser- und waldreiches Ontario.

Nach dem wasser- und waldreichen Onatrio folgt Manitoba und es beginnt die Prärie. Die Landschaft ist so flach, lautet ein geflügeltes Wort, dass man einem entlaufenen Hund tagelang hinterher schauen kann. Das gilt übrigens auch für einem Hund, der meint, unseren Motorrädern nachjagen zu müssen. Wir sehen den Gesellen noch einige Zeit und über etliche Kilometer in unseren Rückspiegeln. Was mir bei der Prärie besonders in Erinnerung bleibt, sind die sich ständig verändernden Wolkenformationen und grandiosen Sonnenuntergänge bei einer atemberaubenden Weite.

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Zuhause auf Zeit mit Seeblick.

Zu Labour Day, dem ersten Montag im September, endet auf vielen Campingplätzen die Saison. So sind wir häufig nahezu die einzigen Gäste auf den Campsites der Nationalparks. Nur an den Wochenende kommen einige Städter zum Angeln, Jagen oder für andere Outdooraktivitäten.

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Fangfrischer Fisch aus dem Pazifik.

Je weiter wir nach Westen kommen, umso mehr verstehen wir, warum die meisten Campgrounds zu diesem Termin schließen. Es wird mächtig kalt und spätestens in British Columbia, mit den temperaten Regenwäldern an der Pazifikküste, hat der Regen die Landschaft zu dieser Jahreszeit fest im Griff. Vom Schnee in den Rockies ganz zu schweigen. Aber die Zeit in den Rockies ist eine eigene Geschichte wert.

Die Reise in Zahlen
Reisedauer – gefühlt viel zu kurz
Verkehrsmittel – Motorrad (9000 km), Fähre (24 h)
Sonnentage – einige waren es schon
Regentage – habe zuletzt aufgehört zu zählen
Mückenstiche – keine bei Minusgraden und Schnee, sonst einige
Krankheitstage – zwei
Anzahl Fotos – 4325
Wildtiere nachts am Zelt – drei Dutzend (nur die wir bemerkt haben)
Nordlichter – zwei magische Momente

 

9000 km Canada – with the motorcycle from coast to coast

Canada is a land of superlatives for me: the longest coastline in the world (from the Pacific along the Arctic to the Atlantic), incredible hospitality and breathtaking wilderness. It’s been a few years since I have been infected with the „Canada-Virus“. Since then I am coming back regulary. When I think of Canada, I instantly sense the scent of cedar.

How did it all begin? By buying two motorcycles (500cc Suzuki and 650s KLR), giving up the apartment and  following the Trans Canada Highway with too much luggage on our bikes. Later the Yellowhead brought us up to Prince Rupert near the southern tip of Alaska. From there we took the ferry along the Inside Passage down to Vancouver Island before flying back to the European continent from Vancouver.

If you like to get an idea of the beauty of Canada, have a look at the Gallery.

I will always be grateful for this experience, for the people who crossed my path and for the friendship of some of the most warm-hearted people I ever met!

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